Warum ein überdurchschnittlich qualifizierter junger Mann nicht eingestellt wurde


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In der Onlineausgabe der „Zeit” erschien dieser Tage ein interessanter Artikel zum Thema Recruiting. Der Chefredakteur Harald Mertenstein beschreibt, wie er einen überdurchschnittlich qualifizierten Auszubildenden ablehnt: Begründung: Überehrgeizige Leute sind Stimmungskiller und bringen nur Unruhe und Missgunst. Lesen Sie selbst:

Da gab es zum Beispiel die Bewerbung eines jungen Menschen, der in Oxford und Harvard studiert hatte. Oxford alleine ist ihm offenbar zu popelig gewesen. Er war zweifach promoviert, außerdem hatte er Praktika bei der New York Times und bei Le Monde hinter sich, beherrschte angeblich fünf Fremdsprachen fließend und verwies auf mehrere Hochbegabtenstipendien, in seiner Freizeit hatte er die deutsche Vizemeisterschaft im Kitesurfen gewonnen (Name der Sportart von der Redaktion geändert!). Dies alles im Alter von 27 Jahren.

Bei der Lektüre der Bewerbung bin ich mir durchschnittlich, faul, überbezahlt, dumm, dumpf und ehrgeizlos vorgekommen. Mein Kollege sagte: „Warum bewirbt dieser Typ sich nicht gleich als Chefredakteur?” Ich sagte: „Falls wir ihn einstellen, wird er in spätestens zehn Jahren Chefredakteur sein. Dumme, dumpfe Leute wie uns wird er dann zweifellos entlassen. Falls er aber in zehn Jahren nicht Chefredakteur ist, wird er im ganzen Haus schlechte Laune verbreiten, Leuten wie uns wird es dann hier nicht mehr gefallen.”

Wir sortierten die Bewerbung aus, mit sehr gutem Gewissen. So ein Typ wird überall genommen, dachten wir, nur halt bei uns nicht. Ein Jahr später bewarb er sich noch einmal.

In gewisser Weise verstehe ich Herrn Martenstein der sagt: „Schöne Zeugnisse verführen zum Staunen.” Er will offensichtlich verhindern, dass er einen „Blender” einstellt.

Trotzdem wundere ich mich natürlich. Kann man einen gut ausgebildeten Akademiker/Journalisten als „überehrgeizig” abtun? Wollen wir nun an die Spitze oder nicht? Wollen wir Weltmeister werden? Ja oder Nein?

„Falls wir ihn einstellen, könnte er in 10 Jahren Chefredakteur sein.” Ja das wäre doch super! Von „dummen, dumpfen Leuten” würde er sich dann trennen. Na gut, das wäre doch auch nicht das Schlimmste. Die haben dann vielleicht ihre Stärke woanders. Es gilt der Satz: A-Mitarbeiter stellen As ein. B-Mitarbeiter stellen Bs und Cs ein.

Also: Bitte nicht einfach nur aussortieren, sondern mindestens ein Mal ein Telefoninterview machen. Die 4 Fragen, die hier zu stellen sind, finden sich in unserer Personal-Toolbox. Danach ist man schlauer.


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19. Januar 2010 - Verfasst von Jörg Knoblauch

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